Liebe Rätselfreund*innen,
„Natürlich, eine alte Handschrift“ so der Titel des Vorwortes, in dem die Romanhandlung unseres letzten Rätselromans als Nacherzählung einer wiedergefundenen, alten Handschrift ausgegeben wird. E sì, naturalmente – handelt es sich bei dem betreffenden Roman um Umberto Ecos Meisterwerk Il nome della rosa, so der italienische Original-Titel des 1980 erschienenen Romans, der 1982 in ausgezeichneter Übersetzung von Burkhart Kroeber als Der Name der Rose auf Deutsch erschien.
Der Name der Rose war der erste Roman des Philosophen, Literatur- und Medienwissenschaftlers und Semiotikers Umberto Eco, der von 1975 bis 2007 als Professor für Semiotik mit eigenem Lehrstuhl an der Universität Bologna lehrte. Seine Einführung in die Semiotik gilt bis heute als Standardwerk. In seinem vielgestaltigen und gelehrten Werk setzt er sich immer wieder mit Intertextualität und der Frage nach Autorschaft im poststrukturalistischen Sinne auseinander. Noch bevor die paradigmatischen Texte zur Frage des Autors von Roland Barthes und Michel Foucault erschienen, entwarf Eco 1962 in seiner Schrift Opera aperta (Das offene Kunstwerk) eine semiotische Theorie, die verwandte Positionen zur Intertextualität diskutiert.
Auch der kluge und mehrschichtige Roman Der Name der Rose ist mehr als ein breit angelegter historischer Kriminalroman oder ein spätmittelalterliches Epochenporträt, vielmehr ist er ein philosophischer Essay über die Frage der Autorschaft im postmodernen Sinne und zugleich eine lustvolle, scholastische Denksportaufgabe; das ganze hinreissend erzählt, mit atemberaubender Spannung und gewitztem Charme.
Der Roman spielt im Jahr 1327 in einer norditalienischen Benediktinerabtei, in der eine mysteriöse Mordserie um sich greift. Der gelehrte, charismatische, englische Franziskanermönch William von Baskerville, der in einer politischen Mission als Sondergesandter des Kaisers unterwegs ist, wird vom Abt der Benediktinerabtei gebeten, zu ermitteln. Seinen kriminalistischen Nachforschungen in den Mauern der Abtei eröffnet sich eine abgründige, böse Welt der Seilschaften und Vertuschungen, basierend auf Glaubensfehden, perfiden Machtstrukturen und verbotenen Leidenschaften. Als Novize und Adlatus in der Obhut William von Baskervilles, berichtet der junge Adson von Melk die Romanhandlung im Rückblick. Neben dem klassischen „whodunit“ wird das Geschehen mit fein-subtilem Humor versehen, dass der ohnehin mitreißenden Lektüre eine weitere Dimension hinzufügt und den Roman durch und durch zum unvergesslichen Hochgenuss werden lässt.
1986 verfilmte Jean-Jacques Annaud das Buch unter dem Originaltitel Der Name der Rose mit Sean Connery in der Hauptrolle, blutrünstig, mit viel Graus und Grusel, gänzlich humorfrei und ohne philosophische Tiefenschärfe. Seit 2019 gibt es eine gleichnamige Serie, die den Roman als Krimi-Plot verwurstet.
Als filmische Adaption ist eindeutig die Playmobil-Version vorzuziehen: http://mwsommer.de/der-name-der-rose/
Am allerbesten jedoch: selber lesen und zwar in einem rauschenden Rutsch! Vielleicht gleich anfangen, Wetter am Himmelfahtswochenende nur durchwachsen, also von Mittwoch bis Sonntag Abend lesen! Grandios! Versprochen!!!
Bis Freitag grüßt das Literaturhaus-Team und wünscht – so oder so – einen schönen Himmelfahrtstag!